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Ein Palais mit Geschichte

Das alte Niederösterreichische Landhaus im 1. Wiener Gemeindebezirk, Herrengasse 13, ist eines der geschichtsträchtigsten und traditionsreichsten Gebäude des Landes Niederösterreich.

Im Jahre 1513 erwarben die Stände Niederösterreichs (Prälaten, Herren und Ritter und die landesfürstlichen Städte und Märkte), Vorläufer des heutigen Niederösterreichischen Landtages, unweit der Hofburg eine Realität von den Brüdern Liechtenstein, um hier ihre Landtage abhalten zu können.

Kurz zur Baugeschichte.

Auf diesem 1513 erworbenen Grundstück begannen die Stände alsbald mit einem anspruchsvollen Bauvorhaben. Die erste Bauphase im spätgotischen Stil dauerte von 1513 bis 1533. Ein querliegender Haupttrakt an der Grundgrenze zum Minoritenplatz mit kurzen Flügeln Richtung Herrengasse wurde errichtet. Die einstige Torhalle, 1845 zur Landhauskapelle umfunktioniert, mit seinem prachtvollen Schlingrippengewölbe, die sogenannte Pförtnerstube, heute Sakristei, und das Gotische Zimmer im ersten Geschoss mit dem Sternrippengewölbe, sind aus dieser Bauzeit erhalten.

Die 2. Bauphase, nun im Renaissancestil, dauerte von 1568 bis 1586. Der künstlerische Leiter und Meister der Dombauhütte von St. Stephan, Hans Saphoy, erbaute das Gebäude zweistöckig und zog die Flügel bis zur Herrengasse vor. Im Haupttrakt errichtete er die noch heute erhaltenen Prunkräume, den Großen Sitzungssaal sowie den Prälaten-, Herren- und Rittersaal.

1710 wurde der Große Sitzungssaal von Antonio Beduzzi mit einem hochbarocken Deckenfresko ausgestaltet.

1837 bis 1848 kam es zum klassizistischen Um- und Neubau des Landhauses. Baufälligkeit eines Traktes des Hauses und Raummangel für die Unterbringung der ständischen Verwaltungsorgane zwangen die Stände, eine Erweiterung des Hauses ins Auge zu fassen. Sie strebten jedoch keinen gänzlichen Neubau an, sondern einen Aus- und Umbau unter der größtmöglichen Erhaltung der historischen Räumlichkeiten. Der Architekt Alois Pichl baute dreistöckig, verlegte die Hauptfassade vom Minoritenplatz zur Herrengasse und es gelang ihm, die geschichtlich, kulturell und künstlerisch bedeutende Substanz des alten Landhauses zu erhalten und in überbauter Form in das neue Bauwerk zu übernehmen. Durch diesen Um- und Ausbau erhielt das Gebäude seine heutige charakteristische Gestalt.Das  Landhaus war Mittelpunkt des ständischen Lebens und Symbol der ständischen Macht. Schon ab dem 16. Jahrhundert waren die Säle des Landhauses nicht nur Schauplatz politischer Beratungen, sondern wurden auch für Hoffeste und adelige Festlichkeiten, vor allem Hochzeitsfeiern, genutzt. 1760 fand hier die Hochzeitsfeier von Erzherzog Joseph, dem späteren Kaiser Joseph II., mit Maria Isabella von Bourbon statt.

Ein gedeckter Gang führte von der Hofburg in das Landhaus, damit die kaiserliche Familie an den Festen im Landhaus teilnehmen konnte.

Die Hoffeste reichten von Feiern der kaiserlichen Familie, wie anlässlich der Geburt eines Prinzen oder einer Prinzessin oder der Vermählung eines Familienmitgliedes, über Bälle und Theateraufführungen unter Teilnahme des Hofes bis zum Empfang fremder Gesandtschaften und Siegesfeiern, wie am 8. November 1620 nach dem Sieg der Kaiserlichen über den Winterkönig Friedrich von der Pfalz in der Schlacht am Weißen Berg bei Prag.

Wegen seiner guten Akustik galt der große Landhaussaal als einer der wichtigsten Konzertsäle Wiens. Besonders in der Zeit des Vormärz spielte er im musikalischen Lebens Wien eine wesentliche Rolle. Am 15. März 1822 wurde im großen Landhaussaal Franz Schuberts „Geist der Liebe“ uraufgeführt, am 1. Dezember 1822 spielte hier der elfjährige Franz Liszt erstmals in Wien und zwischen 1815 und 1827 wurden in diesem Saal 39 Konzerte mit Werken Beethovens aufgeführt.

Die Revolutionsereignisse von 1848 nahmen am 13. März 1848 vom Hof des NÖ Landhauses und dem großen Sitzungssaal ihren Ausgang, die sowohl das Metternichsche Zensursystem wie auch das Ständewesen hinwegfegten.

1918 kam es zum Zusammenbruch der österreichisch-ungarischen Monarchie. Am 21. Oktober 1918 konstituierten sich im NÖ Landhaus, im großen Sitzungssaal, die deutschsprachigen Reichsratsabgeordneten zur „Provisorischen Nationalversammlung des selbständigen Deutschösterreichischen Staates“, war also hier die Geburtsstunde der 1. Republik.

1945 spielte das NÖ Landhaus erneut eine wichtige Rolle. In bewusster Anlehnung an die Ereignisse von 1918 berief Karl Renner die drei Länderkonferenzen im September und Oktober 1945 in das NÖ Landhaus, in den großen Sitzungssaal, die die Anerkennung der Regierung Renner durch die Westalliierten bewirkten und so eine Trennung in Ost und West wie in Deutschland verhinderten. Das in der Sitzung am 23. September 1945 beschlossene Grundsatzpapier kann als die Gründungsurkunde der 2. Republik bezeichnet werden.

Zusammenfassend kann behauptet werden, dass es sich bei dem Alten Niederösterreichischen Landhaus, heute Palais Niederösterreich, um das älteste und bedeutendste Veranstaltungszentrum Wiens und Österreichs handelt.

Während der Umbau- und Sanierungsarbeiten in den Jahren von 2002 – 2004 wurden im Innenhof Fundamentreste eines mittelalterlichen Gebäudes entdeckt, das vermutlich als das „Liechtenstein’sche Haus“ zu identifizieren ist. Ebenfalls gefunden wurden neben einer Vielzahl an Glas- und Keramikgefäßen auch einfaches und feineres Tafelgeschirr.

History Palais Niederoesterreich
History Palais Niederoesterreich
History Palais Niederoesterreich

Für Kulturinteressierte bieten wir wieder spezielle Führungen durch die historischen Veranstaltungsräume des Palais Niederösterreich an. Renommierte Kulturvermittler bringen Ihnen die Geschichte des Gebäudes näher und erzählen Ihnen auch die eine oder andere Anekdote darüber, was sich in den vergangenen mehr als 500 Jahren in unserem Hause zugetragen hat.

Historische Führungen

Die nächsten Führungen im Überblick:

zur Zeit finden keine Führungen statt. Wir informieren Sie hier zeitnahe wann die nächsten Führungen stattfinden.

History Palais Niederoesterreich
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